Backen in der Pfalz
Pfälzer Backspezialitäten
Backen in der Pfalz
Die Pfalz hat neben ihren Eigenheiten in Sprache, menschlichen Eigenarten und der ein oder anderen liebenvollen Verschrobenheit ihrer Bewohner ihre ganz besonderen Leckerbissen in Küche und Keller. Auch die Spezialitäten, die verführerisch duftend aus Pfälzer Backöfen herausgezogen werden, verdienen es, genauer in Augenschein genommen zu werden.
Gerade jetzt, wenn die ersten Süßkirschen leuchtend rot zwischen den Blättern hervorblitzen, naht die Zeit des Pfälzer Kerscheplotzers. Dieser Begriff kann nicht übersetzt, sondern lediglich umschrieben werden – es handelt sich um eine Art süßen Auflauf auf der Basis von altbackenen Brötchen, Milch und natürlich vielen Kirschen. Die Brötchen, die mindestens vom Vortag sein müssen, werden klein geschnitten und in Milch und Sahne eingeweicht. Dann fügt man Eier, Zimt, gemahlene Mandeln, Zucker und Kirschen hinzu, vermengt alles vorsichtig und gibt das Ganze in eine eingefettete Auflauf- oder Springform. Bei mittlerer Hitze ist der Auflauf nach einer guten Stunde durchgebacken und kann mit Vanillesoße oder Weinschaum serviert werden. Wer nicht gern spuckt, sollte die Kirschen entsteint in den Auflauf tun, doch ist das eine sehr brühige Angelegenheit, die besonders den Händen sehr lange anzusehen ist. Allerdings lohnt das Ergebnis die Mühe allemal.
Die Jahreszeiten lassen sich zumindest bei Menschen, die dies bewußt wahrnehmen, in der Pfalz auch an den aufgetischten Backwaren ablesen. So wird die frühsommerliche Kirschenzeit von der vom Hoch- bis in den Spätsommer hineinreichenden Zwetschgensaison abgelöst. Da auch viele Jahrmärkte und regionale „Kerwe“ in dieser Zeit gefeiert werden, ist der Quetschekuche ein sehr beliebter Begleiter dieser Volksfestsaison. Möglichst große Backbleche – ob rund oder eckig spielt keine Rolle – werden mit dünnem, kaum gesüßten Hefeteig ausgelegt, der dicht an dicht mit Quetsche, also Zwetschgen belegt wird. Die Früchte müssen quasi stehen, dann ist der Belag perfekt. Ein wenig Zimt und Hagelzucker darauf und ab in den Ofen. Der Quetschekuche wird in der Pfalz gern mit Kartoffelsuppe serviert, was bei vielen Gästen auf Unverständnis stößt – zumindest solange, bis sie diese herrlich harmonierende Zusammenstellung von Süßem und Herzhaftem zum ersten Mal gekostet haben.
Je weiter man dem Herbst näher kommt, umso deftiger wird das Backwerk. Dabei wird auch deutlich, dass die Pfalz viele Spezialitäten von ihren angrenzenden Nachbarn auf den Speisezettel aufgenommen hat. Dabei wird trefflich gestritten, wer von wem „abgebacken“ hat, was wohl nie zur vollen Zufriedenheit der Streithähne geklärt werden wird. So ist der Zwiebelkuchen, der traditionell mit dem ersten Neuen Wein oder Federweißer auf den Tisch kommt, ein alter Zankapfel zwischen der Pfalz und dem benachbarten Elsass, wo diese Köstlichkeit als Flammkuchen oder Quiche Lorraine bekannt ist. Das ebenfalls auf Hefeteig basierende Gebäck wird mit gedünsteten Zwiebeln, Dörrfleisch, Lauch, Kümmel, Pfeffer und Salz und einer Mischung aus Eiern, Sahne und Crème fraîche zubereitet. Frisch aus dem Ofen schmeckt der Zwiebelkuchen am besten, und gerade in der Kombination mit dem nicht untückischen Federweißen sollte man als ungeübter Esser die ersten Portionen nicht ganz so reichlich angehen, um seine ungetrübte Nachruhe nach dem Genuss dieses Leckerbissens nicht zu gefährden.
Die beginnende kalte Jahreszeit bringt den beliebten Schneckennudelkuchen auf die sonntäglichen Kaffeetafeln. Die dünn ausgerollte Teigplatte dieses Hefekuchens wird mit einer Mischung aus gemahlenen Mandeln, Butter, Eiern, Rum, Zucker, Marzipanrohmasse, Kakao und Rosinen bestrichen, zu einer langen Wurst zusammengerollt und in gleich große Stücke geschnitten, die wie kleine Schneckennudeln auf das Backblech gesetzt werden. Wer es gern süß mag, kann einen Zuckerguss auf den abgekühlten Kuchen streichen. Dieser Kuchen ist ein Hochgenuss, wenn es draußen kalt und ungemütlich wird – er schmeckt auch ganz besonders gut in den Kaffee eingetunkt, obwohl diese Verzehrart nicht gerade sehr salonfähig ist.
Eine Spezialität zur Faschingszeit sind die in heißem Fett ausgebackenen Fasnachtsküchle, die wiederum aus Hefeteig hergestellt werden. Der Teig wird in rautenförmige Stücke geschnitten und etwas rundgeformt. Schleckermäuler füllen die Küchle noch mit Johannisbeermarmelade, bevor sie in die Fettpfanne oder die Friteuse kommen. Noch heiß in Zucker gewälzt, schmecken sie wunderbar – und das nicht nur zum Karneval, für den die fettigen Küchle jedoch eine gute Grundlage im Hinblick auf alkoholische Getränke darstellen.
Backen in der Pfalz ist so vielseitig und abwechslungsreich wie die Landschaft und die Region selbst. Es gibt noch unzählige weitere Spezialitäten aus dieser herrlichen Gegend, die nicht umsonst die Toskana Deutschlands genannt wird.